Unser Studio liegt im Zentrum von Berneck im St.Galler Rheintal. Also so ziemlich in der Mitte der Welt. Nachdem ich dem Buchdruck adieu gesagt habe, und Varry mich ausgebildet hatte, richteten wir unter dem Dach unseres Hauses das Studio ein. Ich denke jeweils, wer den Aufstieg (steile Treppe!) überlebt hat, wird auch das Tätowieren überstehen.
Unser Studio kommt übrigens
ohne die obligate schwarze Farbe an den Wänden, lebenden
Skorpione und dergleichen aus. Schliesslich sollte ich mich
jeden Tag in dieser Atmosphäre aufhalten, und mich
dementsprechend wohlfühlen. Und, was mindestens so wichtig
ist, die Kunden sollten sich auch wohlfühlen. Manche werden
denken, es sähe etwas unprofesionell aus. Doch gerade
Hausfrauen mit kleinen Kindern haben gemeint, dass sie hier
auch problemlos einmal die Kleinen mitnehmen könnten,
während sie sich in Ruhe umsehen.
Wir haben etwa zehn Ordner mit
teils gezeichneten, teils fotografierten Motiven. Ausserdem
tonnenweise Heftchen und Bücher, und einige (nicht frei
zugängliche) Ordner mit bereits gestochenen Motiven.
Manchmal dienen sie zwar direkt als Vorlage, doch meist
wird noch etwas abgeändert.
Die Zeichnungen erledige ich an verschiedenen Orten.
Kleinere Sachen direkt mit dem Kunden zusammen. Andere,
grössere, hingegen Abends, an Wochenenden, oder an meinem
freien Montag. Teilweise im Studio, an Tisch und
Leuchtpult, dann wieder am Küchentisch. Manche komplexen,
gespiegelten Zeichnungen werden auch am Computer
reingezeichnet. Wichtig ist einfach, dass man sich die Zeit
nimmt, und das Bildchen auch etwas reifen kann. Manchmal
braucht es eine Pause von zwei, drei Tagen, und plötzlich
sieht man ein paar Ecken, die noch geändert werden müssen.
Zeichnen ist übrigens eine alte Leidenschaft von mir. Ich
zeichnete früher, als ich noch als Buchdrucker arbeitete,
vor allem Comics, mit Robert Crumb, (für mich der grösste
Comiczeichner) Dave Sheridan (leider schon im März 1982
gestorben) und Fred Schrier als Vorbilder. So kam ich
auch dazu, die Fasnachtshelgen für unsere
Schnitzelbänkler im Dorf zu zeichnen. Mittlerweile
pinsle ich die Bilder schon seit 20 Jahren – da
kommt ganz schön was zusammen! Und wenn ich die
Geschichten aus dem Dorf vor meinem geistigen Auge
durchgehe, muss ich sagen, unsere Bernecker sind ein
ganz schöner Sauhaufen. Das macht unseren Ort so
liebenswert!